Brief an die Redaktion: Friedrich Spangemacher über Tzvi Avni

Dr. Friedrich Spangemacher // Juli 2021

Autor Friedrich Spangemacher mit Tzvi Avni vor dessen langjähriger Wirkungsstätte, der Musikbibliothek von Haifa (© Foto: Privat)

Lieber Peter Winterhoff-Spurk,

ich habe vor einiger Zeit mein Buch über Tzvi Avni fertiggestellt, einen der wichtigsten israelischen Komponisten - es ist ist kürzlich erschienen: Die Biographie Avnis vor dem Hintergrund seines musikalischen Schaffens. Fasziniert hat mich an diesem bemerkenswerten Künstlers, wie er seinen Weg als israelischer Musiker gesucht hat. Aber auch, wie er die Kompositionstechniken des 20. Jahrhunderts bis hin zur Avantgarde aufgegriffen und dann eine durch und durch jüdische moderne Musik komponiert hat, die fast exemplarisch steht für die Haltung jüdischer Musiker und Künstler überhaupt. Den Anlass dazu gab neben meinem langjährigen Interesse an seiner Musik seine Saarbrücker Herkunft. Er war 1927 im Saarland geboren, musste dann aber - nach der Volksabstimmung an der Saar 1935, bei der sich 90,7 % der Saarländer für den Anschluß an Nazideutschland entschieden - mit seinen Eltern nach Palästina fliehen. Die Begabung für Musik fühlte er schon früh, aber an eine musikalische Ausbildung war erst einmal nicht zu denken. Da der Vater bei einem Überfall von Arabern verschleppt wurde (und nie wieder gesehen wurde), musste Avni für den Broterwerb arbeiten – in einem Wasserwerk in Haifa. Aber seine musikalischen Interessen setzten sich nachhaltig durch. So erhielt er seine Grundausbildung von Paul Ben-Haim und Abel Ehrlich. Nach dem Studium an der Israel Academy of Music der Universität Tel Aviv setzte er seine Ausbildung in den USA am Columbia-Princeton Electronic Music Center u.a. bei Vladimir Ussachevski und in Tanglewood bei Aaron Copland fort.

Fremdenpass von Tzvi Avnis Vater aus dem Jahr 1935 (© Foto: Privat)
Der junge Tzvi Avni kurz nach der Ankunft in Haifa (© Foto: Privat)

Mich hat interessiert, wie sich die Tragödien, die sich um ihn ereigneten – das Verschwinden des Vaters, das Sterben von zwei seiner Ehefrauen und seiner Mutter, aber auch die politischen Ereignisse und Kriege in Israel - in seinem Werk Niederschlag gefunden haben. Ebenso aber hat mich interessiert, wie das jüdische Denken, die Geschichten und die Philosophie ihn geprägt hat. Avni hat alle diese Erfahrungen sehr nachhaltig in seinem künstlerischen Werk verarbeitet. Es gibt keinen Ton, der ‚L’art pour l’art‘ ist. Im Gegenteil: jeder Ton, jedes Motiv hat seine Bedeutung. All das führt in seinem Werk zu seinem später so ausgeprägten Personalstil, dem ich auch musikwissenschaftlich und analytisch auf den Grund ging. Meine Biographie bewegt sich am Werk entlang, meine Analysen sind – auch der besseren Lesbarkeit – nur summarisch in den Text eingegangen. Ich bin froh, dass Avni , der - heute 93-jährig - noch voller Elan ist, alles gelesen und dadurch auch in gewisser Weise autorisiert hat.

Mit herzlichen Grüßen
Friedrich Spangemacher

Tzvi Avni: Saarbrücken - New York - Tel Aviv. Eine Biografie von Dr. Friedrich Spangemacher.

Schriftenreihe der Hochschule für Musik, Saar, Röhrig Verlag, St. Ingbert 2021, 178 Seiten. Preis:  24,- €, ISBN: 9783861107651

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